Behindertenpass im Arbeitsrecht: Kein Nachweis für begünstigte Behinderung
Der Behindertenpass gemäß dem Bundesbehindertengesetz (BBG) dient als Nachweis einer Behinderung, insbesondere für verschiedene Sozialleistungen, spielt jedoch für das Arbeitsrecht nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG) keine entscheidende Rolle. Laut BEinstG ist der Behindertenpass allein nicht ausreichend, um als begünstigter Behinderter zu gelten, der spezielle Vergünstigungen wie erhöhten Kündigungsschutz genießt. Dafür ist ein eigenständiges Verfahren zur Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis begünstigter Behinderter erforderlich. Diese Unterscheidung führt zu unterschiedlichen Rechtsprechungen, die der Gesetzgeber nun mit einer Klarstellung behoben hat.
Rechtslage und Differenzen in der Rechtsprechung
Die Diskussion um die Rechtswirkung des Behindertenpasses entwickelte sich durch unterschiedliche Auslegungen der höchsten Gerichte. Der Oberste Gerichtshof (OGH) entschied in einem Fall, dass der Behindertenpass gemäß § 14 Abs. 1 lit. a BEinstG einen Nachweis über den Status als begünstigter Behinderter darstellen könne (OGH 25.1.2023, 8 ObA 76/22). Demgegenüber entschied der Verwaltungsgerichtshof (VwGH), dass der Behindertenpass diese Funktion nicht erfülle (VwGH 4.4.2016, Ra 2016/11/0016). Diese unterschiedlichen Urteile führten zu Unsicherheiten, ob der Behindertenpass tatsächlich als Nachweis im arbeitsrechtlichen Kontext gelten kann.
Begründung der Gesetzesänderung
Die kürzlich verabschiedete Klarstellung hat zum Ziel, diese Unterschiede in der Rechtsprechung zu beseitigen. Zukünftig gilt der Behindertenpass nicht mehr als ausreichender Nachweis für den Status als begünstigter Behinderter im Sinne des BEinstG. Diese Klarstellung ist insbesondere wichtig, da in anderen Rechtsbereichen, wie der Kriegsopferversorgung oder der gesetzlichen Unfallversicherung, ein Behindertenpass oft als vorläufiger Nachweis einer Behinderung anerkannt wird.
Für die Aufnahme in den Kreis der begünstigten Behinderten im arbeitsrechtlichen Sinne sind jedoch zusätzliche Schritte erforderlich, wie etwa die Feststellung des Grades der Behinderung durch ein separates Verfahren. Diese Maßnahme soll sicherstellen, dass begünstigte Behinderte im Arbeitsrecht spezielle Rechte wie einen besonderen Kündigungsschutz oder andere Vorteile wie den Anspruch auf Zusatzurlaub und einen besseren Schutz vor Entlassungen erhalten. Aber auch für Unternehmern hat es Vorteile, wenn der bzw. die behinderte Mitarbeiter:in offiziell zum Kreis der begünstigten Behinderten zählt: Arbeitslöhne von begünstigten Behinderten, die gemäß des Behinderteneinstellungsgesetzes beschäftigt werden, sind nicht in die Bemessungsgrundlage der Summe der Arbeitslöhne einzuberechnen und somit entfallen für sie der Dienstgeberbeitrag, der Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie die Kommunalsteuer. Auch die Anrechenbarkeit auf die Ausgleichstaxe ist nur im Fall der Zugehörigkeit zum Kreis begünstigter Behinderter möglich.
Fazit
Die jüngsten gesetzlichen Klarstellungen regeln eindeutig, dass der Behindertenpass allein nicht ausreicht, um als begünstigter Behinderter im arbeitsrechtlichen Sinne anerkannt zu werden. Die Änderung trat mit 19. Juli 2024 in Kraft.
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